Geschichte
Die Geschichte von Noordwijk ist reich. Charakteristisch waren und sind bis heute die Offenheit nach außen und der intensive Austausch von Menschen, Kulturen, Religionen, Meinungen und Waren.
Wallfahrtsort
Die Wurzeln von Noordwijk gehen zurück bis ca. 2000 v. Chr. Aus dieser Zeit datieren die ersten Spuren einer Besiedlung. Das erste schriftlich dokumentierte Ereignis war der Märtyrertod des Priesters Jeron, sozusagen der erste Pfarrer von Noordwijk. Jeron, ursprünglich ein schottischer Benediktinermönch, kam 847 als Missionar nach Noordwijk und errichtete hier eine Kapelle. 857 fand sein Leben dann ein jähes Ende: Er wurde von plündernden Normannen enthauptet. Die Erinnerung an ihn lebte jedoch weiter und über 100 Jahre nach seinem Tod, im Jahr 980, entstand zu seinem Andenken eine romanische Kapelle, die sich schon bald zu einem Wallfahrtsziel entwickelte. 1303 wurde dann am Standort der Kapelle im gotischen Baustil eine große, steinerne Kirche errichtet: die St. Jeronskirche (St. Jeroenskerk), die als Reliquie den Schädel des Heiligen in ihren Mauern beherbergte. Da der Zustrom der Gläubigen ständig größer wurde, erklärte der Bischof von Utrecht 1429 Noordwijk offiziell zum Wallfahrtsort.
Die Entwicklung der St. Jeronskirche zu einem Pilgerziel war für Noordwijk mit großen finanziellen Vorteilen verbunden. Der Achtzigjährige Krieg gegen die spanische Herrschaft (1568-1648) machte dem jedoch ein Ende. Beim Bildersturm im Jahre 1566 konnte die Kirche nur dadurch gerettet werden, dass den Mannen von Wilhelm von Oranien eine stattliche Geldsumme gezahlt wurde. Trotzdem wurden alle katholischen Elemente aus der Kirche entfernt, darunter auch die wichtigste Reliquie, der Schädel des Heiligen Jeron. Der Legende nach ist dieser bis heute irgendwo unter der Kirche begraben, doch niemand weiß genau wo. Ende des 19. Jahrhunderts wurde dann mit dem Bau einer neuen katholischen Kirche zu Ehren des Heiligen Jeron begonnen. Im Altar dieser Kirche befinden sich bis heute einige Gebeine ihres Namenspatrons.
Fischer
Die ersten Bewohner von Noordwijk waren vermutlich Fischer. 1444 entstand an dem Ort, wo heute das Grand Hotel Huis ter Duin steht, die erste ‘Vierboet’, eine erhöhte Feuerstelle. Sie sollte den Fischern im Dunkeln helfen, ihren Strand wieder zu finden. 1474 verfügte Noordwijk über eine umfangreiche Fischerflotte mit 38 größeren und kleineren Booten, die Jagd machten auf Hering, Kabeljau, Schellfisch, Wittling und Scholle. In Noordwijk-Binnen entstanden Seilereien, die die Fischer und die Kaufleute mit Tauen für ihre Schiffe und Boote belieferten. Auch die Landratten konnten so von den Einkünften durch die Fischerei profitieren.
Die französische Fremdherrschaft (1795-1813) brachte für die Fischer große Nachteile mit sich. Unter Napoleon Bonaparte, der einen Handel mit dem verfeindeten England befürchtete, hatten sie strenge Restriktionen zu erdulden. Damit begann der Niedergang der Noordwijker Fischerei. Mit der neuen Regierung des Königreichs der Niederlande kamen dann von 1818 bis 1854 neue Beschränkungen für die Heringsfischerei in Noordwijk und Katwijk. Man wollte auch anderen Fischerorten Entwicklungsmöglichkeiten bieten. Durch den Mangel an Seeleuten und Reedern ging die Fischerei in Noordwijk weiter zurück. 1868 bestand die Flotte nur noch aus 16 Booten für den Heringsfang und 2 kleinen Plattfischkuttern. 1913 legte dann letztmals ein Fischerboot in Noordwijk ab.
Stadtrechte
Im Mittelalter wurde Noordwijk von einem Schöffenkollegium unter dem Vorsitz eines Schultheißen regiert. Der Schultheiß, dessen Amt in etwa mit dem eines heutigen Bürgermeisters verglichen werden kann, wurde vom Grafen von Holland ernannt. 1398 wurden Noordwijk Stadtrechte verliehen. Beantragt worden waren sie von den Dorfbewohnern; die Adligen waren weder darüber informiert worden, noch waren sie sonderlich auf die Stadtrechte erpicht. Schließlich bedeuteten sie den Verlust eines Teils ihrer Macht. Um die Stadtrechte nicht wieder zu verlieren, musste eine Stadtmauer gebaut werden. Da diese aber nie zustande kam, wurden Noordwijk die Stadtrechte von Albrecht von Bayern wieder entzogen und der Ort blieb unter der Herrschaft der Burgunder und des Hauses Habsburg eine so genannte Amtsherrlichkeit.
Noordwijk
Im Lauf der Geschichte entwickelten sich unterschiedliche Schreibweisen für Noordwijk: Northgo, Nordwige, Nortic, Nortdijc, Northge und Northeke.
‘Seer’ oder ‘Binder’
In Zwischen den Ortsteilen Noordwijk und Noordwijk-Binnen gab es schon immer große Unterschiede. Sie entstanden durch den unterschiedlichen Glauben und die unterschiedlichen Berufe. Die geografische Trennung tat dann ein übriges. Die Bewohner von Noordwijk waren ursprünglich Fischer und gehörten der protestantischen Kirche an. Dagegen beschäftigte man sich in Noordwijk-Binnen vor allem mit dem Anbau von Blumenzwiebeln und die meisten Bewohner waren katholisch. Nicht wenige der so genannten Geusen, der protestantischen Aufständischen, die während des Achtzigjährigen Krieges gegen die Spanier kämpften, kamen aus Noordwijk, und deshalb hatte man dort besonders unter den Angriffen der spanischen Soldaten zu leiden, während das katholische Noordwijk-Binnen verschont wurde. Diese Gegensätze, und nicht nur die religiösen, blieben auch in späteren Zeiten bestehen: Die ’seer’ gingen weiterhin dem Fischfang nach, die ‘Binder’ verdienten sich ihren Lebensunterhalt mit Kräutern und Blumenzwiebeln. Noch bis Anfang des 20. Jahrhunderts verfügte Noordwijk über eine kleine Fischereiflotte. Allerdings hatte bereits im 19. Jahrhundert die Entwicklung zum Badeort eingesetzt. Bis heute teilen die älteren Noordwijker die Bewohner in ’seer’ und ‘Binder’ ein.
Kräuterzentrum
Noordwijk-Binnen beherbergte im Mittelalter das St. Barbara-Kloster. Dort wurden von den Nonnen die ersten Kräuter angebaut. Im 18. und 19. Jahrhundert war Noordwijk das wichtigste Kräuterzentrum in den Niederlanden und die Kräuter waren für die Bevölkerung eine wichtige Einkommensquelle. Verkauft wurden sie vor allem in Amsterdam. Der Hauptverwendungszweck war die Herstellung von Arzneimitteln. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden dann die pflanzlichen Heilmittel langsam durch chemische Arzneien verdrängt.
Blumenschauen
Als Ersatz für den Kräuteranbau bot sich der Anbau von Blumenzwiebeln an. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts stieg die Zahl der in diesem Bereich tätigen Unternehmer auf 250. Gemeinsam bewirtschafteten sie eine Fläche von ca. 252 ha. Die Felder waren übersäht von Tulpen, Narzissen, Gladiolen usw. Noordwijk wurde vor allem dank seiner spektakulären Blumenschauen bekannt. 1932 wurde auf dem Landgut Offem ein Florapark eingerichtet, und auch auf ausländischen Ausstellungen wurden die Beiträge aus Noordwijk bewundert. Heute erstreckt sich der Anbau von Blumenzwiebeln in Noordwijk auf 311 ha. Die meisten Felder liegen gleich hinter den Dünen, da die sandigen Böden besonders gut für die Zwiebeln geeignet sind. Die Felder wurden als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen. Besucher kommen natürlich vor allem im Frühjahr auf ihre Kosten, wenn die Felder ihre ganze Blütenpracht entfalten und Blumenkorsos mit reich verzierten Prunkwagen durch die Orte ziehen.
Blumenbadeort Europas
Die Geschichte Noordwijks als Badeort begann erst im Jahr 1866. Zu jener Zeit war ein Besuch am Strand nur der reichen Oberschicht vorbehalten. Sie ließ sich von Badedienern umsorgen und mit Badekutschen ins Meerwasser befördern, dem eine reinigende Wirkung nachgesagt wurde. Schon bald begannen auch die Bauarbeiten für das Grand Hotel Huis ter Duin. Im Lauf der Zeit eroberten dann auch weniger gut situierte Bevölkerungsschichten die Strände. Die Dampftram machte einen Ausflug ans Meer für alle möglich. Und da Noordwijk außer dem Strand auch noch die bunten Blumenfelder zu bieten hatte, wurde aus dem beschaulichen Dorf schon bald der ‘Blumenbadeort Europas’.